Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Bauherr: Universitätsklinik Köln

Zweiter Teil der Bestandsaufnahme zum Uni-Umbau

Bei den medizinischen Einrichtungen der Universität sind derzeit 250 größere und kleinere Projekte „in Arbeit“. Seit 2002 wird das Gelände umstrukturiert. Der Masterplan I zur Optimierung der Patientenversorgung, insbesondere zur Zentrierung fast aller Kliniken, umfasst rund 500 Millionen Euro bis circa 2020, der Masterplan II für Forschung und Lehre rund 180 Millionen Euro.

Altinstitute

Bereits seit ihrer Gründung durch die Freie Reichsstadt Köln im Jahr 1388 hatte die Universität auch eine medizinische Fakultät. Bei der Neugründung der Uni als städtische Einrichtung 1919 auf Betreiben von Konrad Adenauer wurden ihr die damaligen städtischen „Krankenanstalten Lindenburg“ übertragen. Von den alten Gebäuden sind nach der schrittweisen Ersetzung nach dem Krieg nur wenige Relikte übrig, etwa der alte Teil der Zahnklinik in der Kerpener Straße, ehemals als Lehranstalt für Hebammen und Entbindungshaus genutzt.

Ein wenig beachtetes Schmuckstück vom Ende der 50er, Anfang der 60er Jahre sind die Physiologischen Institute von Fritz Schaller in der Bardenheuerstraße. Der breit gelagerte Block erfreut Augen und Hände mit zeittypischen Details wie schmeichelnden Türgriffen, eleganten Linienschwüngen und der Transparenz der Räume. Aus den 60er Jahren stammt auch die Krankenhauskirche St. Johannes der Täufer von Gottfried Böhm in der Kerpener Straße.

Das Bettenhaus aus den 70er Jahren wird generalsaniert. Es war das erste vollklimatisierte Krankenhaus der Bundesrepublik, aber darauf ist heute niemand mehr so richtig stolz. Das Gebäude erhält nun eine äußere Fassade aus Glas und Lüftungsgittern, die es ermöglicht, die Fenster an der inneren Fassade zu öffnen.

Exzellenzcluster Alternsforschung

Der Wissenschaftsrat und die DFG entschieden 2007 zugunsten des Exzellenzclusters CECAD (Cologne Excellence Cluster on Cellular Stress Response in Aging Associated Diseases / Exzellenzcluster Köln zur zellulären Stressantwort bei altersassoziierten Erkrankungen). Der Standort Köln wird in Folge daraus derzeit zum europaweit einzigartigen Zentrum für Alternsforschung ausgebaut. Das Projekt wird gemeinschaftlich betrieben von der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen und der Medizinischen Fakultät und dem neu etablierten Max-Planck-Institut (MPI) für die Biologie des Alterns.

Das Büro hammeskrause architekten aus Stuttgart gewannen 2008 den Wettbewerb des Bauherrn MPI. Die Fertigstellung ist für Oktober 2012 vorgesehen, die Baukosten betragen circa ca. 75 Mio. Euro. Das Dachgeschoss für die Gebäudetechnik und Hygienelabore zeigt eine geschlossene Weißbetonfläche, an den beiden wissenschaftlichen Ebenen wechseln sich Tombaklamellen mit Fensterflächen ab. Ein dreieckiges Oberlicht über dem Atrium belichtet das Sockelgeschoss mit dem Infrastruktur-Bereich.

Das zentrale CECAD-Gebäude direkt gegenüber an der Josef-Stelzmann-Straße errichtet die medfacilities GmbH zusammen mit gmp. Das 2003 als hundertprozentige Tochter der Uniklinik Köln gegründete Unternehmen baut und betreibt Einrichtungen aus Medizin, Forschung und Lehre. Die Inbetriebnahme des CECAD ist für 2013 vorgesehen.

Labore auf Zeit und lebensrettende Schauspieler

An der Robert-Koch-Straße liegt das Laborgebäude ZMMK (Zentrum für Molekulare Medizin der Universität zu Köln) der medfacilities GmbH. Das Gebäude umhüllt eine Schale aus anthrazitfarbenem Lochblech in queroblongen Platten, die sich vor den Fenstern als Falt-Klappenläden hochschieben lassen – wie auf- und zuklappende Augenlider. So kommt Bewegung in die ansonsten sehr statisch wirkende graue Box. Die modular strukturierbaren Einheiten aus Laboren und Büros werden an Forschungsvorhaben temporär vergeben. Der Entwurf stammt von der Werkgemeinschaft Heinrich Wörner & Stegepartner, Dortmund.

Auch beim Studierendenhaus ist die medfacilities als Generalplaner aufgetreten. Hier wird die Notfallkompetenz angehender Mediziner geübt, und zwar – bevor man sie ins echte Leben entlässt – an Schauspielern und Puppen. Sieben Millionen Euro wurden über Studiengebühren finanziert: das sind etwa 40 Prozent der Baukosten, was dem Anteil der den Studierenden direkt zugutekommenden Nutzflächen (1200 Quadratmeter) entspricht; die restlichen werden von der Klinikverwaltung genutzt.

Exzellente Forschung – exzellente Bauten?

Zu den bereits fertig gestellten Bauten gehört auch das Herzzentrum, realisiert von medfacilities zusammen mit gmp, die den Wettbewerb 2002 gewonnen hatten. Das verglaste 20 Meter hohe Eingangsportal, die lichtdurchflutete Empfangshalle mit Laubbäumen, begrünte Pergolen und warme Materialien wie Kirschholz rücken das Gebäude ab von der üblichen Klinik-Atmosphäre. Das gilt auch für die Fassade aus hellem Muschelkalk und rötlich schimmernden Aluminium-Paneelen.

Generell ist bei den komplexen Labor- und Klinikbauten von einer schwierigen Nutzungsabstimmung zwischen Bauherrn und Betreiber, Planern und medizinischem Fachpersonal auszugehen. Momentan kann aufgrund des Fertigstellungsgrades noch nicht beurteilt werden, ob der neue Klinik-Campus sich auch zu einem architektonischen Exzellenzcluster entwickelt. Gute Anfänge sind gemacht.

Ira Scheibe

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Ein Haus für Fruchtfliegen und Fadenwürmer: Wettbewerb für Max-Planck-Institut in Köln entschieden

Fritz Schallers Institutsgebäude von 1958-61;

Foto: Ira Scheibe

Das ZMMK mit temporär zu vergebenden Laboren;

Foto: Ira Scheibe

Exzellenzcluster für Alternsforschung von medfacilities GmbH und gmp;

Visualisierung: medfacilities GmbH

MPI für die Biologie des Alterns mit Weißbetonflächen und Tombaklamellen;

Abbildung: hammeskrause architekten, studiobrand

Atrium im MPI für die Biologie des Alterns;

Abbildung: hammeskrause architekten, studiobrand

Studierenden- und Vorstandsgebäude;

Foto: MedizinFotoKöln

Das Herzzentrum von medfacilities GmbH und gmp;

Foto: MedizinFotoKöln