Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Schatzkiste

Wettbewerb für das Neue Historische Archiv mit Kunst- und Museumsbibliothek der Stadt Köln entschieden

Am 17. Juni 2011 präsentierte die Stadt Köln die Ergebnisse des Realisierungswettbewerbs für den Neubau des Historischen Archivs mit Kunst- und Museumsbibliothek im Spanischen Bau des Rathauses. Das Preisgericht unter Vorsitz des Stuttgarter Architekten Carlo Weber stimmte mit großer Mehrheit für den Entwurf des Darmstädter Büros Wächter + Wächter.

Die Ansprüche, denen der Neubau für den es eine Kostenobergrenze von 86 Mio. € gibt genügen soll sind enorm. Nicht nur, dass er das kulturelle – also unwiederbringliche – Erbe der Stadt bergen soll, auch an die Funktionalität, die Sicherheit und die Präsenz des Gebäudes werden höchste Anforderungen gestellt.

Alles blickt nach Köln

Von den insgesamt 30.400 qm BGF sind rund 20.000 qm für das Historische Archiv mit dem Magazin, den Werkstätten, Büros und Besucherbereichen vorgesehen und 14.000 qm für die Kunst- und Museumsbibliotheken, die sich derzeit noch an drei Standorten über die Stadt verteilt befinden. Auch wenn Bibliothek und Archiv verwandt klingen mögen, sind die Ansprüche der verschiedenen Aufgabenbereiche jedoch grundverschieden und so war die Erstellung sinnvoller funktionale Zusammenhänge elementarer Bestandteil der Wettbewerbsaufgabe. Immer wieder stößt man hier auf scheinbar unvereinbare Gegensätze. So soll dieses moderne „Bürgerarchiv“, das einladend und offen wirken soll, ein für die nächsten 50 Jahre dimensioniertes Magazin erhalten, das dem „Kölner Modell“ entsprechend als Passivhaus geplant, mit viel Masse und wenig Technik maximale Sicherheit gegen alle nur denkbaren Schadensfälle bietet. Denn in Köln soll das sicherste Archiv Europas entstehen und wie Kulturdezernent Georg Quander erwähnte, „schauen nun alle Archivare nach Köln“ – gespannt darauf, wie die Stadt diese Aufgabe umsetzen wird.

Erster Schritt zum „Wissenspark“

Das 9.000 qm große Eckgrundstück an der Luxemburger Straße/Kreuzung Eifelwall gehört der Stadt Köln und soll ein erster Baustein der im „Masterplan Innenstadt“ angeregten baulichen Neuordnung dieses Gebietes mit einem Wissenspark als Erweiterung des Innern Grüngürtels sein.

Das Spektrum der eingereichten Arbeiten war, nicht nur die Gebäudeorganisation auch die Architektursprache betreffend, sehr breit. Zwischen den theatralisch, bürgerlich, einfach, technoid oder mondän gestalteten Entwürfen fand sich sogar ein dekonstruktivistischer Beitrag, der fatal an den Unglücksort in der Severinstraße anspielte.

Die Jury entschied sich schließlich für die klassische Architektur von Wächter und Wächter, die Carlo Weber als „nicht monumental, aber zeichenhaft“ bezeichnete.

1. Preis: Wächter + Wächter, Darmstadt

Mit dem klassischen Haus im Haus-Konzept gelang Wächter und Wächter die gleichzeitige Verbindung und Trennung der funktional so gegensätzlichen Nutzungseinheiten. Ein langer rechteckiger viergeschossiger Baukörper nimmt die Traufhöhe der umliegenden Wohnbebauung am Eifelwall auf und umschließt einen siebengeschossigen Magazinbau. Während der Magazinbau rundum bronzefarben verkleidet ist, öffnet sich die mit Elementen aus Baubronze fein gegliederte Fassade der Mantelbebauung zu allen Seiten und auf zwei kleinere begrünte Innenhöfe. Dadurch erhält das Gebäude einen der Neuinterpretation dieser Kulturinstitution entsprechenden transparenten und einladenden Charakter.

Durch die Zweiteilung der räumlichen Organisation wird auch die notwendige thermische Trennung zwischen dem Magazin und dem restlichen Baukörper erreicht, die es möglich macht, den strengen konservatorischen Erfordernissen bei minimalem Energieaufwand zu entsprechen. Dass das Magazin, das ein erhebliches Eigengewicht allein durch die Menge der eingelagerten Archivalien und die entsprechenden Regale und Schränke besitzt, Bodenkontakt hat, lobte die Jury ebenso wie das schlüssige Bild der Schatzkiste, die im Inneren des Gebäudes geborgen wird.

Der gesamte Komplex wird über ein großzügiges Foyer an der Kopfseite zur Luxemburger Straße erschlossen. Von diesem auch für Veranstaltungen genutzten Raum gelangen die Besucher über eine Treppenrampe in die darüber liegenden öffentlichen Lesesäle des Historischen Archivs und der Museumsbibliothek. Das Magazin wird von den Längsseiten erschlossen in denen sich auf der Gebäudenordseite die Werkstätten und auf der Südseite die Büros der Verwaltung befinden.

Streitberger hob hervor, dass das Gebäude die Belange aller Nutzer hervorragend erfülle und dass hiermit auch städtebaulich ein erster und maßstabsbildender Schritt in diesem Areal gemacht werde.

2. Preis: Nieto Sobejano Arquite, Berlin

Das Berliner Büro Nieto Sobejano wählte den umgekehrten Weg und vereinte die konträren Nutzungen des Raumprogramms in einem monolithischen Gebäude mit einheitlichem Charakter. Ein homogener, auf der Parkseite leicht eingeknickter Baukörper schließt auch hier die Stadtkante an der langen Seite. Doch die Architektursprache ist deutlich moderner. Das Gebäude wird über eine vertikal Gliederung von öffentlich und repräsentativ im Erdgeschoss bis zu den halb und nicht öffentlichen Bereichen in den drei Obergeschossen strukturiert. Von Ost nach West scheinen sich die Fassadenelemente zu verdichten, so dass die Büros auf der Parkseite sehr transparent und der Archiv- und Magazinbereich an der Luxemburger Straße den Anforderungen entsprechend vollständig geschlossen wirken. So entsteht eine seht spannungsreiche und rhythmisch gegliederte Fassade, die den Solitärcharakter des Entwurfs noch betont.

Sechs zylinderförmige Ausschnitte dienen der Orientierung innerhalb des komplexen Gebäudes und dienen der natürlichen Belichtung bei den hier entstandenen großen Raumtiefen. Kritisch sah die Jury bei diesem eleganten und sehr zeitgemäßem Entwurf allerdings die funktional schwierige horizontale Schichtung der Funktionen.

3. Preis: Thomas Müller Ivan Reimann, Berlin

Der Entwurf der dritten Preisträger besteht aus drei unterschiedlich großen Volumina. Damit nimmt er Bezug auf die eher kleinteiligere Nachbarbebauung und kennzeichnet die unterschiedlichen Nutzungen innerhalb des gesamten Gebäudekomplexes. Das Gebäude kann sowohl vom Eifelwall wie auch von der Parkseite aus über ein zentral gelegenen Foyer erschlossen werden. Auf der Westseite zur Luxemburger Straße liegt die Bibliothek, das Archiv auf der Ostseite zum Eifelwall. Mit der großzügigen Passage und einer durch Vor- und Rücksprünge erzeugten Kleinteiligkeit sollte hier eine maximale Anpassung des Neubaus in das vorhandene städtische Gefüge erreicht werden. Damit das Gebäude aber dennoch als Ganzes wahrgenommen wird, betont das durchweg verwendete Fassadenmaterial die Einheitlichkeit des Kulturkomplexes. Der Grad an Offenheit oder Geschlossenheit der Fassade zeigt die unterschiedlichen Ansprüche der verschiedenen Nutzungseinheiten von Magazin (ganz geschlossen) bis Lesebereiche (ganz geöffnet) an.

Die Jury störte sich jedoch an der Zweiteilung des Entwurfes, der dadurch nicht die gewünschte Präsenz im Stadtbild erhält.

Weitere Preise gingen an Staab Architekten GmbH, Berlin (4. Preis) und Van den Valentyn Architektur, Köln (5. Preis).

Anerkennungen erhielten: Gottfried Böhm, Köln; Stanton Williams, London; Paul Bretz Architekten GmbH, Luxemburg; Max Dudler, Berlin und gmp Generalplanungsgesellschaft, Aachen.

Einzug und Eröffnung 2015

Nach einer voraussichtlich 1,5 bis 2-jährigen Planungsphase wird die Stadt mit dem Bau des Historischen Archivs und der Kunst- und Museumsbibliothek beginnen. Für das Jahr 2015 ist die Eröffnung und die Rückführung aller derzeit im gesamten Bundesgebiet verstreuten Kölner Archivalien geplant.

Schon ein halbes Jahr nach dem Einsturz des Stadtarchivs in der Severinstraße im März 2010 stand der Ratsbeschluss für einen Neubau fest. Zügig wurde daraufhin ein komplexes Raumprogramm entwickelt, so dass bereits im Dezember ein Internationaler Wettbewerb ausgelobt werden konnte. Aus den mehr als 200 Bewerbern wählte eine Kommission zusätzlich zu den 15 bereits gesetzten Teams noch 30 Teilnehmer aus, davon 6 aus dem europäischen Ausland.

Uta Winterhager

Eine Ausstellung im Lichthof des Spanischen Baus zeigt alle Wettbewerbsarbeiten. Vom 21. Juni bis 5. Juli 2011, Mo+Mi 8-16 Uhr, Di+Fr 8-18 Uhr, Do 8-20 Uhr sowie Sa+So 11-18 Uhr

Kölner Rathaus, Lichthof im Spanischen Bau, Rathausplatz 1, 50667 Köln

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Architektennachlässe einer ganzen Region verschüttet

1. Preis: Wächter + Wächter, Darmstadt

Die schwere bronzefarbene Schatzkiste verschwindet, aus der Straßenperspektive betrachtet, fast im Mantelbau.

Das Modell des erstplatzierten Entwurfes zeigt die klassische Hau-im-Haus-Typologie.

Foto: Uta Winterhager

Die räumliche (und thermische) Trennung der Funktionen wird durch die beiden Innenhöfe noch deutlicher.

2. Preis: Nieto Sobejano, Berlin

Von der Luxemburger Straße aus wird die Fassade des zweitplatzierten Entwurfes über den Park hinweg den Nutzungen entsprechend zunehmend transparenter.

3. Preis: Thomas Müller Ivan Reimann, Berlin

Die starke Rasterung der Fassade wird durch die Gliederung des Kulturkomplexes in kleinere Volumina etwas entschärft. Der Eingang befindet sich hier an der Längsseite vom Eifelwall in der Passage.

4. Preis: Staab Architekten, Berlin

Durch die Abbildung der verschiedenen Funktionsbereiche des Gebäudekomplexes in der Kubatur und der Transparenz der Fassade wird auch eine dem Umfeld entsprechende städtebauliche Gliederung entlang des Eifelwalls angestrebt.

5. Preis: Van den Valentyn Architektur, Köln

Der elegante Baukörper aus Glasfaserzementplatten gliedert sich in drei nach hinten zunehmend geschlossene Bereiche. Vorne offene Raumskulptur, dann zweispännige Flügel in denen die Werkstätten und die Verwaltung untergebracht sind und abschießend ein geschlossener Monolith. Doch irgendwie erinnert das große Stadtfenster zur Luxemburger Straße an die Bonner Oper.

Eine von fünf Anerkennungen ging an das Kölner Büro von Gottfried Böhm.

5 Kommentare

Schade, da hat man sich in Köln mal wieder nicht getraut: fade, einförmig und x-beliebig.

….schade, daß mein „EIN+SAMEr“ Einspruch gegen diese BauPlanung auf der PresseKonferenz und der Präsentationsveranstaltung im DomForum auch hier keine Erwähnung wert war.

Und es tut mit unendlich leid, daß es mir nicht gelungen ist, meine dreißigjährige Erfahrung als LandSchafftsBewohner+BeLeber und meine nun 8jährige Kenntnisse als BeLEBER des Geländes EifelWalls in die Planungen mit einfliessen zu lassen.

Köln hätte mit dem ARCHIV als Soziale+städtebauliche HEILsPLASTIK „sieben Sünden auf einen Streich“ tilgen können! So ausgeführt wird es nun der AB+GRUND+STEIN sein, an dem die hehren Ziele des MasterPlans grandios scheitern. Noch ist diese Frage jedoch nicht im Rat entschieden und so möchte ich mitteilen, daß wir zur Zeit an einem Film werken, der die noch möglichen Möglichkeiten durch eine ganzheitliche PLANUNG aufzeigen wird…….

Hierfür ist konstruktive MitWIRkung aller an dieser GestaltungsFrage Interessierten ausdrücklich erwünscht.

Mit besten SommerGrüßen aus dem ParaDies+Das Reich+T

Rolf KeTaN Tepel

Hüter des Walls

Nur der 2. Preis an Nieto Sobejano, Berlin scheint mir opisch einigermaßen interessant… Wiso wieder langweilige rechtwinkeige Bauten??