Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Exquisite Corpse

Das Interprofessional Studio der AA zu Gast im Designquartier Ehrenfeld – eine interdisziplinäre Performance

Studenten und Absolventen aus Architektur, Tanz, Film, Design, Fotografie, Mode und Kunst kamen am letzten Sonntag im Designquartier Ehrenfeld zusammen, um den eine eindrucksvolle Performance vorzustellen. Wie funktioniert wohl das Studium an einer Architekturhochschule, an der aus einer Vielzahl an Disziplinen ein gemeinsames Kunstwerk erarbeitet wird?

It`s all a networking exercise

Die Architectural Association in London ist wohl einer der Bekanntesten unter den Architekturhochschulen in Europa, haben dort doch grundlegend interdisziplinäres Arbeiten, wie es im Interprofessional Studio verfolgt wird, eine Besonderheit. Das Studio führt in einem postgraduierten Studium verschiedene Disziplinen zusammen, Architekten sind dort eher die Minderheit. Die Designer, Filmemacher, Fotografen, Modemacher und Künstler entwickeln jährlich ein gemeinsames Projekt, in dem sie ihre eigene Profession einbringen und sich experimentell in fremde Fachgebiete vorwagen. Jeder Teilnehmer ist also Student und Lehrer gleichzeitig, kann weiterhelfen und Fragen stellen. Ziel ist, die Grenzen der eigenen Disziplin zu erweitern, innovative Arbeitsmethoden zu entwickeln und dabei ein einmaliges Projekt zu verfolgen, was dann auch organisiert, realisiert und umgesetzt wird. Die intensive Arbeit im Studio geht davon aus, neben der thematischen Arbeit ein geeignetes Netzwerk mit Partnern zu entwickeln, mit dem ein solches Projekt überhaupt möglich werden kann.

So sind zahlreiche Kooperationen entstanden, die bereits über Jahre verfolgt werden: vor allem die Tänzergruppe „New Movement Collective“, die sich für diese Form des experimentelle Arbeiten aus einigen international tätigen und namhaften Tänzern und Choreografen gebildet hat, ist mittlerweile zu einem wichtigen Standbein dieser interdisziplinären Arbeitsweise geworden. Aber immer wieder bringen neue Kooperationen frische Impulse, so dass kein Projekt dem Vorherigen gleicht.

In einem atemberaubenden Tempo wird hier geprobt und gebaut, gefilmt und getanzt, telefoniert und organisiert. Theo Lorenz, der Leiter und Lehrer des Interprofessional Studios, ist selber Architekt und Künstler und damit im disziplinübergreifenden Arbeiten zu Hause. „Überraschend ist für uns vor allem, dass das Ergebnis bisher immer besser und einzigartiger geworden ist als erwartet; trotz oder gerade wegen der schwierigen, beinahe unmöglichen Umstände…“

Exquisite Corpse in Köln

Die in Köln gezeigte Vorstellung ist die Zweite der diesjährigen Veranstaltungsreihe des Interprofessional Studios, die im Frühjahr in Madrid begann und im September in London ihren Abschluss finden wird. Ein intensiver Dialog zwischen Tanz und Raum wird hier über drei Standorte und Aufführungen verfolgt und als work-in-progress präsentiert. Jeder Student und jeder Partner hat seinen eigenen Part oder Schwerpunkt, den er in Bezug zu den anderen Disziplinen ausarbeitet. Dabei kommen für den Kölner Event weitere Künstler sowie Musiker der Hochschule für Musik hinzu. Das Ergebnis schließlich überrascht nicht nur die Teilnehmer, sondern vor allem auch den Besucher: entstanden ist ein hochkarätiges Kunstprojekt, das sich in keine Kategorie einordnen lässt. Es nimmt den gesamten Raum ein, verändert ihn und stellt zahlreiche Zusammenhänge und Verknüpfungen zwischen den Künsten her. Für eine Stunde wird Film zu Mode, Tanz zu Raum, gerät Architektur in Bewegung. Intuitiv erlebt der Besucher den interdisziplinären Ansatz: Es ist wirklich Architektur, Tanz, Design, Mode, Film, Musik und Kunst in einem.

Ragnhild Klußmann

Weiterführende Informationen zum Interprofessional Studio der Architectural Association in London unter

Videoprojektion, Tanz und ein unendliches Kleid Foto: Ragnhild Klußmann

Körper und Raum verschmelzen miteinander Foto: Ragnhild Klußmann

Livemusik von Musikern um Prof. David Smeyers (HfM) Foto: Ragnhild Klußmann

Die Tänzer von „New Movement Collective“

Foto: Ragnhild Klußmann

Das „Inflatible“, eine aufblasbare Raumstruktur wurde für die Performance von den Studenten angefertigt

Foto: Ragnhild Klußmann

Inflatible: Licht und Raum

Foto: Tanja Siems