System, von griech. systema ‚Zusammenstellung‘
Mario Bellinis Tetrax Stativ, ein Schweizer Taschenmesser, Boule-Kugeln aus den 20ern, Büromöbel von Olivetti, fischertechnik, das Bauhaus Schachspiel, Barnacks Leica von 1925, eine Espresso Kapsel, Kölschkästen (leere!), ein iPhone. Ach ja, und noch eine Burger-Schachtel aus Styropor. Auch leer.
Nein, wir spielen nicht „Am Laufenden Band“, wir waren im Museum. Dort werden Systeme ausgestellt. Natürlich nicht irgendwelche, sondern Entwürfe von über 80 namhaften Designern. Aber auch viele anonyme Begleiter unseres Alltags.
„Der Systemgedanke beruht auf dem Wunsch, das Chaos dadurch zu bewältigen, dass wir eine überschaubare Anzahl von einzelnen Elementen verbinden und dadurch einen Zusammenhang herstellen,“ erklärt uns die Broschüre zur Ausstellung. Diese soll „die Genese des Systemgedankens im Design – vom Einzelobjekt zu Gesamtlösungen – spielerisch erfahrbar“ machen.
Skizziert wird eine Entwicklung vom autonomen Objekt – etwa die Coca Cola „Urflasche“ von Alexander Samuelson von 1904 – über die Reihe – zum Beispiel gleiche Stühle in unterschiedlicher Größe – zum Programm. Marcel Breuers Stahlrohrmöbel für Thonet – unterschiedliche Elemente in einer einheitlichen Formensprache – bilden ein solches. Schafft man dazu standardisierte Grundelemente und wieder auflösbare Verbindungen, so habe man ein analoges System, siehe Lego Steine und USM Haller. In digitalen Systemen schließlich sei der Zusammenhang nicht mehr sichtbar, nur noch dem Nutzer erfahrbar.
Die begleitenden Texte sind angenehm kurz und erhellend, nur dann und wann etwas überlastet. So fällt es dem Besucher möglicherweise schwer, bei einem Bild von IBM Großrechnern aus den 60ern die Reihe über „isometrische Darstellungen bei italienischen Systemdesignern […] bis zu den quadratischen Rastern bei […] Superstudio und den Bildern des ‚New Domestic Landscape‘[…] zur Bildersprache der italienischen Postmoderne“ nachzuzeichnen oder die „poetisch-ironische Brechung“ in Ingo Maurers Halogenleuchten auszumachen.
Das Systematisieren ist dem Menschen ein Grundbedürfnis und Systeme sind allgegenwärtig. Die Schau ist sehenswert dank ihres Konzeptes, den Systemgedanken von Design-Klassikern bis zu unauffälligen Alltagsbegleitern aufzuzeichnen.
Zur Ausstellung erscheint ein zweisprachiger Katalog (deutsch/englisch) mit Beiträgen zu unterschiedlichen Aspekten des Themas (240 Seiten mit 180 größtenteils farbigen Abbildungen, für 24,90 Euro im Museum erhältlich.
Ira Scheibe
Vortrag
Donnerstag, 19. März 2015, 19 Uhr
„System: Design zwischen Chaos und Alltag“ von Dr. René Spitz, Kurator
Eintritt frei
Symposium
Freitag, 15. Mai 2015, 17 Uhr
„System: Design zwischen Chaos und Alltag“
Eintritt frei
SYSTEM DESIGN. Über 100 Jahre Chaos im Alltag
20. Januar bis 7. Juni 2015
Museum für Angewandte Kunst Köln
An der Rechstschule 50667 Köln