Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Deutscher Architekturpreis 2015

sauerbruch hutton für die Immanuelkirche ausgezeichnet

Der mit 30.000 Euro dotierte Deutsche Architekturpreis 2015 geht an das Büro sauerbruch hutton aus Berlin für den Neubau der Immanuelkirche und des Gemeindezentrums der Evangelischen Brückenschlag-Gemeinde in Köln-Stammheim.

HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH!

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Am 20. Mai 2015 hat die Jury den Deutschen Architekturpreis an das Büro Sauerbruch Hutton für das Projekt Immanuelkirche und Gemeindezentrum Köln vergeben. Die Jury befand, dass sich das Gebäude städtebaulich sehr gut positioniert und der Kircheninnenraum durch seine warme Atmosphäre überzeugt. © Foto: Uta Winterhager

Ob sie das wohl geahnt haben, mag man sich fragen.

Als Zeichen ihres Neuanfangs wollte die evangelischen Brückenschlag-Gemeinde Flittard-Stammheim eine Kirche mit Gemeindezentrum bauen. Gerne trennte sie sich von ihren schmucklosen Provisorien, als viel schützenswerter empfand sie den historischen Baumbestand auf dem Grundstück im Stammheimer Ortskern. So überzeugten Sauerbruch Hutton im Wettbewerb mit einem Entwurf, der die Kirche an den Rand rückt, um den von hohen Laubbäumen eingefassten zentralen Platz in seiner ursprünglichen Form als „Open-Air-Kathedrale“ zu belassen.

Kirche und Kapelle sind reine Holzkonstruktionen, für die Gemeinde bedeutete die Verwendung der vorgefertigten Elemente eine kurze Bauzeit und niedrige Kosten. Die diagonale Holzverschalung lässt zunächst keinen Sakralbau vermuten, doch findet sich hier eine moderne Interpretation der klassischen Basilika. Das etwa dreifach überhöhte Mittelschiff bildet den eigentlichen Kirchenraum, die zuschaltbaren Seitenschiffe nehmen Nebenräume und Gemeindezentrum auf. Über dem Altar öffnet ein „Himmelsfenster“ das Kirchendach über die gesamte Breite und setzt die überraschend bunte Altarrückwand in Szene. So wird dieses Bild aus 2700 farbigen Holzleisten, hinter dem sich das Pfeifenwerk der Orgel verbirgt, zum Fokus des Kirchenraumes.

Es ist das Weglassen, das die Kirche ebenso wie die kleine Gebetskapelle und den Glockenturm ausmacht, kein prächtiges Kreuz, sondern bloße Einschnitte, kein auffälliger Eingang, sondern eine fehlende Ecke oder eine aus der Achse gedrehte Front, kein Putz auf den Wänden sondern Holzmaserung gebürstet und gewachst, keine Stühle auf der Empore, nur Sitzstufen. Diese Kirche macht nichts vor, sie zeigt ihr Material, ihre Konstruktion, nichts ist verkleidet. Schnörkellos ist sie, aber nicht schmucklos, und immer wieder bleibt das Auge gerne an der Struktur der Oberflächen und der Ausarbeitung der Details hängen. Alles fügt sich zu einem harmonischen Ganzen, das Geborgenheit vermittelt, weil es den triumphalen Auftritt vermeidet.

(Text aus dem Architekturführer KÖLN, Uta Winterhager)

 

Aus der Pressemitteilung des BBR und der BAK

„Der mit 30.000 Euro dotierte Deutsche Architekturpreis 2015 geht an das Büro Sauerbruch Hutton aus Berlin für den Neubau der Immanuelkirche und des Gemeindezentrums der Evangelischen Brückenschlag-Gemeinde in Köln-Stammheim. Bundesbauministerin Barbara Hendricks gratulierte den Preisträgern und rief alle Planerinnen und Planer dazu auf, sich auch zukünftig für eine nachhaltige und zukunftsgerechte Baukultur einzusetzen: „Das prämierte Gemeindezentrum in Köln-Stammheim zeigt eindrucksvoll, dass nachhaltige und zukunftsfähige Architektur identitätsstiftend ist und baukulturelle Qualität wichtige Impulse für eine lebenswerte Umwelt setzt. Durch die Anordnung des Gebäude-Ensembles öffnet die Kirchgemeinde ihr Grundstück für die Öffentlichkeit und leistet so einen Beitrag für eine lebendige Stadt. Die Nutzer identifizieren sich mit dem Gebäude, täglich finden hier vielfältige Aktivitäten und Begegnungen statt. Die flexiblen Nutzungsmöglichkeiten und der durch die sichtbare Materialität der gewählten Konstruktionsart entstandene Charakter des Innenraums tragen hierzu bei.“

Der Deutsche Architekturpreis wird seit 1971 vergeben. Wie schon 2011 und 2013 wurde der wichtigste Staatspreis für Architektur gemeinsam durch das Bundesbauministerium und die Bundesarchitektenkammer e. V. ausgelobt. Das Wettbewerbsverfahren wurde vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung BBR durchgeführt. Das große Spektrum der für den DAP 2015 eingereichten 160 Neubau-, Modernisierungs- und Sanierungsprojekte beeindruckte die Jury. Neben Wohnungs- Bildungs-, Kultur- und Verwaltungsbauten überzeugten auch kleinmaßstäbliche Projekte, die interessante Denkanstöße zur Wiederbelebung von Industrieräumen geben und die gesellschaftliche Auseinandersetzung im Sinne der Nachhaltigkeit fördern.“


Die Jury des Architekturpreises:

Barbara Ettinger-Brinckmann, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer
Günther Hoffmann, Abteilungsleiter im BMUB
Prof. Ulrike Lauber, Architektin
Prof. Regine Leibinger, Architektin
Reiner Nagel, Vorstand der Bundesstiftung Baukultur
Jórunn Ragnarsdóttir, Architektin
Prof. Volker Staab, Architekt (Vorsitzender)

Die Ergebnisse der Jurysitzung vom 20. Mai 2015:

Deutscher Architekturpreis 2015 (30.000 Euro):

• Immanuelkirche und Gemeindezentrum in Köln
Sauerbruch Hutton, Berlin
im Auftrag Evangelische Brückenschlag – Gemeinde Köln-Stammheim/Flittard

Auszeichnungen (4.000 Euro):

• Generalsanierung und Aufstockung Wohnhochhaus in Pforzheim
Freivogel-Architekten, Ludwigsburg
im Auftrag Pforzheimer Bau und Grund GmbH

• Am Lokdepot, Berlin
ROBERTNEUN Architekten GmbH, Berlin
im Auftrag UTB Projektmanagment- und Verwaltungsgesellschaft mbH

• Neue Ortsmitte Wettstetten
Bembe Dellinger Architekten und Stadtplaner GmbH, Greifenberg
im Auftrag Gemeinde Wettstetten

• Konzerthaus Blaibach (Oberfalz)
Peter Haimerl Studio für Architektur, München
im Auftrag Gemeinde Blaibach

• Technische Universität Chemnitz – Weinholdbau
Burger Rudacs Architekten, München
im Auftrag Freistaat Sachsen vertreten durch den Staatbetrieb Sächisches Immobilien- und Baumanagement

• Anerkennungen (1.250 Euro):
ANTIVILLA Umnutzung eines Lagergebäudes in ein Wohn- und Ateliergebäude
Brandlhuber + Emde, Schneider Architektengesellschaft mbH, Berlin
im Auftrag Prof. Arno Brandlhuber

• Ulrich-Gabler-Haus, Lübeck
Konermann + Siegmund Architekten bda, Stadtplaner, Lübeck
im Auftrag Ulrich-Gabler-Stiftung Lübeck

• Forschungsneubau: :evihab – DLR-Institut für Luft- und Raumfahrmedizin, Köln
Glass Kramer Löbbert bda, Ges. v. Architekten mbH, Berlin
mit Prof. Uta Graff Architektin BDA, München
im Auftrag Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V.

• One Man Sauna – Nichtstun in Bochum
modulorbeat-Marc Günnewig und Jan Kampshoff, Münster
im Auftrag Schauspielhaus Bochum

• Sanierung und Umnutzung des denkmalgeschützten Forschungszentrums für Biodiversität und Klima, Frankfurt am Main
Architektenbüro SSP SchürmannSpannel AG, Bochum
im Auftrag Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung

• Neue Meisterhäuser Dessau
Piero Bruno, Donatella Fioretti, Pepe Marquez, Berlin
im Auftrag Stadt Dessau-Roßlau, Amt für zentrales Gebäudemanagement

• Bundesverfassungsgericht Karlsruhe
Staatliches Hochbauamt Karlsruhe und Assem Architekten Karlsruhe
im Auftrag Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit

• Wohnungsbebauung BF 30, Stuttgart
Bottega + Ehrhardt Architekten GmbH, Stuttgart
im Auftrag Baugruppe „Think Green“

(red./uw)