Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Die Interpretation des Gebauten

Der Architekturfotograf Jan Kraege im Porträt

Man kann viel über Architektur schreiben. Doch wenn die Bilder fehlen, ist es, als bliebe etwas ungesagt. So freuen wir uns bei koelnarchitektur, dass viele Fotografen uns und unsere Beiträge schon seit Jahren mit ihren Fotografien unterstützen. Vor zehn Jahren haben wir eine erste Porträtserie von Kölner Architekturfotografen veröffentlicht, die wir in den nächsten Wochen mit einer  Folge von Interviews über Licht und Schatten, Inspiration und Intention fortsetzen möchten.

Jan Kraege ist der sechste Fotograf unserer Porträtserie Kölner Architekturfotografen im Fokus II

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© Jan Kraege

Wie kamen Sie zur Architekturfotografie?

Ich habe in den 80er Jahren Industrial Design an der Kunsthochschule in Hamburg studiert. Wir haben damals in den verschiedenen Werkstätten funktionstüchtige Prototypen hergestellt, um die Überzeugungskraft unserer Entwürfe zu testen.

Nach der Fertigstellung der Produkte ging es immer auch um eine angemessene fotografische Dokumentation. Als Sohn eines Fotografen hatte ich die Möglichkeit mit professionellem Equipment zu arbeiten. Architektonische Themen spielten in meinem Studium eine große Rolle. So wurde eine Exkursion nach Alfeld an der Leine zu einem Schlüsselerlebnis für mich. Wir alle kannten natürlich die Fagus-Werke von Walter Gropius aus den Publikationen. Aber wirklich vor dem Original zu stehen und den berühmten Türgriff von Gropius in die Hand zu nehmen, war ein aufregendes Erlebnis. Damals in der Fabrik entstand mein erstes Architekturfoto.

 

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© Jan Kraege Dewey Muller Architekten

 

Bilden Sie Architektur ab, oder übersetzen Sie das Gebaute in Bilder?

Das Architekturfoto ist eigentlich immer eine Interpretation des Gebauten. Das Foto ist starr und zeigt einen bestimmten Ausschnitt, den der Fotograf vorgibt.

In dieser Beschränkung sehe ich den besonderen Reiz der Fotografie. Sie können den Betrachter auf die Qualitäten des Entwurfes hinweisen und machen bestenfalls neugierig auf die dreidimensionale Wirklichkeit.

Ist die digitale Fotografie gegenüber der analogen Fluch oder Segen für Sie?

Die Arbeit im analogen Zeitalter war wesentlich aufwendiger. Für die Plattenkamera musste jeder einzelne Film von Hand in eine Kassette eingelegt werden. Heute benutzt man Speicherkarten und hat nahezu unbegrenzt Aufnahmen zur Verfügung. Die Ausrüstung ist leichter und der Aufbau für die einzelne Aufnahme geht deutlich schneller. Damit bleibt mehr Aufmerksamkeit für die Konzeption der Aufnahmen. Das analoge Grossbilddia hat eine sehr authentische Wirkung, da es noch nicht bearbeitet ist. Doch spätestens beim Scannen geht auch diese Eigenschaft verloren.
Die digitale Entwicklung ist daher ein Segen für mich.

 

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© Jan Kraege Johannes Götz Architekten

 

Welche Lichtsituation schätzen Sie besonders?

Für die Außenaufnahmen bevorzuge ich sonniges, aber nicht zu kontrastreiches Licht. Bei den Innenaufnahmen schätze ich weicheres Licht, dass sich gleichmäßig im Raum verteilt. Ich freue mich natürlich auch über besondere Lichtstimmungen, die sich bei stark bewölktem Himmel ergeben können. Fotos kurz nach Sonnenuntergang haben einen ganz besonderen Reiz. In diesem Restlicht des Tages kann man das Innere beleuchteter Häuser darstellen.

Wie nähern Sie sich dem architektonischen Konzept eines Hauses? Sprechen Sie mit den Architekten und Bauherren oder machen Sie sich selbst ein Bild?

In der Regel treffe ich mich mit dem Auftraggeber und lasse mir den Entwurf erläutern. Oft gibt es Anregungen für bestimmte Perspektiven oder Details. Diese Vorinformationen helfen mir bei den Vorbereitungen. Am Aufnahmetag habe ich schon einige Ideen für die Hauptmotive und lasse mich dann von der gebauten Realität inspirieren.

In den letzten Jahren sieht man auch in den Architekturzeitschriften belebte Bilder. Eine Tendenz, die Sie begrüßen?

Ich liebe das klassische Architekturfoto, bei dem die ganze Aufmerksamkeit dem abgebildeten Objekt gilt. Allerdings sehe ich das nicht dogmatisch. Ich freue mich, wenn sich Gelegenheiten ergeben, Architekturfotos mit Menschen zu machen. Gestellte Szenen reizen mich nicht.

 

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© Jan Kraege Donato Bramante

 

Gibt es Gebäude, die bei Ihnen eine besondere Leidenschaft auslösen?

Von mehreren Aufenthalten in Rom, erstmals während meines Studiums, rührt meine Begeisterung für die Antike und Renaissance. Ganz besonders hat es mir ein kleiner Rundtempel von Donato Bramante angetan. Der kleine Zentralbau stellt für mich das Ideal eines rundherum schönen Gebäudes dar. Es gibt aber auch eine ganze Reihe zeitgenössischer Entwürfen, die mich in besonderer Weise ansprechen.

 

Die Fragen stellten Barbara Schlei und Uta Winterhager

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Kölner Architekturfotografen im Fokus II
Wer sind die Frauen und Männer hinter der Linse?

Zehn Jahre ist es nun schon her, dass wir eine erste Porträtserie über Kölner Architekturfotografen starteten. Zeit, diese Reihe fortzusetzen, denn man kann viel über Architektur schreiben, doch wenn die Bilder fehlen, ist es, als bliebe etwas ungesagt. So freuen wir uns bei koelnarchitektur, dass viele Fotografen uns und unsere Beiträge schon seit Jahren mit ihren Fotografien unterstützen. In den nächsten Wochen werden wir in loser Folge Interviews über Licht und Schatten, Inspiration und Intention veröffentlichen.