Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Bald wieder dicht

Der Mariendom in Neviges wird saniert

Anfang September begann die Betonsanierung eines Teilstücks des Daches der weltberühmten Architekturskulptur. Beauftragt mit den Arbeiten an Gottfried Böhms Meisterwerk wurde das Architekturbüro seines Sohns, Peter Böhm.

»Wie aus einem Guss« erscheint der Mariendom in Neviges von 1968 auch heute noch, einem Bauwerk bei dem Wände und Dach nur aus einem Material bestehen: Beton. Der Verzicht auf die ursprünglich geplante Bleieindeckung des Daches verstärkte zur Erbauungszeit zwar die skulpturale Wirkung. Jedoch blieb das Dach damit ohne jeglichen Witterungs- und Feuchteschutz, sodass die wegen Temperaturspannungen im vielfach unbestimmten Tragwerk unvermeidlich auftretenden Risse im Laufe der Zeit zu Schäden führten. Ein erster Versuch das Dach mit Epoxidharz gegen eindringendes Wasser abzudichten blieb 1986 ohne großen Erfolg.

 

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Bewuchs, Risse und eine Epoxidharzbeschichtung beeinträchtigen das heutige Erscheinungsbild. Foto: © Martin Struck, Erzbistum Köln

 

Spritzbetonauftrag oder Bleieindeckung?

2010 erhielt das Büro Peter Böhm Architekten vom Erzbistum Köln den Auftrag, Lösungen für eine dauerhafte Dachabdichtung und eine Betonsanierung zu entwickeln. Dabei prüften die Architekten zwei Varianten – die ursprünglich geplante Bleieindeckung und einen carbonfaser-verstärkten Spritzbetonauftrag. Da eine Bleieindeckung die skulpturale Wirkung des denkmalgeschützten Bauwerks erheblich beeinträchtigt hätte, entschieden sich die Planer für den Textilbetonauftrag. Durch die extreme Zugfestigkeit der Bewehrung aus Carbonfasern können die unvermeidlichen Konstruktionsrisse im Beton auf eine Vielzahl kleinster, nicht wasserführender Haarfugen verteilt werden, wie Laboruntersuchungen der Forschungsabteilung der RWTH Aachen (IBAC) zeigten.

 

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Mit carbonfaserbewehrtem Spritzbetonauftrag soll das Dach dauerhaft abgedichtet werden. Foto: © Martin Struck, Erzbistum Köln

 

Carbonfasern begrenzen Rissgrößen

Seit Anfang September wird über der südlichen Sakramentskapelle ein erstes Teilstück des 300 m² messenden Daches saniert. Dazu muss zunächst die Epoxidharzschicht von 1986 entfernt und das Betondach sandgestrahlt werden. Danach werden Schadstellen und Risse im Stahlbeton mit einer Dichtungsschlemme geschlossen. Anschließend erfolgt der Auftrag von insgesamt drei Lagen Spritzbeton mit zwei Einlagen Carbonfasergewebe. Mit der nun begonnenen Probesanierung sollen Erfahrungen mit der neuartigen Technik und in der nächsten Bewitterungsperiode mit der Materialbeständigkeit gesammelt werden. Sollten diese positiv ausfallen, steht einer umfassenden Sanierung nichts mehr im Weg.

 

Carsten Sauerbrei

Dieser Beitrag erschien zuerst auf der Internetseite german-architects am 16. September 2016.

 

Kath. Kirchengemeinde Maria, Königin des Friedens
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42553 Velbert-Neviges

Öffnungszeiten

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Sonn- und Feiertags:  9.00 Uhr – ca. 18.35 Uhr

 

Der Mariendom in Neviges wurde als Wallfahrtskirche mit dem Namen „Maria, Königin des Friedens“ 1968 von Gottfried Böhm entworfen und hat weltweit große Beachtung und Bewunderung gefunden. Herausragend aus dem Nevigeser Ortsbild erscheint die Kirche von weitem wie eine expressionistische Monumentalplastik, in der einzelne Baukörper zu einer kristallinen Form zusammengefügt sind. Für Gottfried Böhm bot der Bau die Möglichkeit, eine aufgehängte Betonkonstruktion umzusetzen, bei der die Wand- und Deckenelemente sich gegenseitig stützend eine Gemeinschaft ergeben. Die Kirche ist mit mehr als 6.000 Plätzen nach dem Kölner Dom die zweitgrößte im Erzbistum Köln.