„Für die Kölner Altstadt wird seit 50 Jahren die Frage nach Rekonstruktion nicht gestellt, anders als in Berlin, Potsdam, Frankfurt oder Dresden. Es ist bemerkenswert, dass die Stadt sich immer wieder traut, die Altstadt würdevoll, aber modern weiter zu bauen und dabei auch die Stadtstruktur zu verändern, wie jetzt bei der Historischen Mitte.“
Andreas Fritzen legte einführend diese These auf und lud die ehemalige Stadtkonservatorin Hiltrud Kier, den Gründungsdirektor des MiQua Thomas Otten, Wolfgang Lorch von Wandel Lorch Architekten und Anne Luise Müller, die Leiterin des Stadtplanungsamtes, zu Vorträgen und Diskussion ein.
Sehnsucht nach Rekonstruktion?
Hiltrud Kier rückte in ihrem Vortrag die Begriffe gerade: Die Kölner Altstadt umfasst nicht nur den Kernbereich des römischen Köln, sondern den ganzen Bereich innerhalb der Ringe. Die circa 350 Objekte aus der Denkmalliste der Vorkriegszeit wurden größtenteils neu aufgebaut. Diese endete allerdings um 1850. „Die allgemeine Geringschätzung von Gebäuden des 19. Jahrhunderts war in Köln wegen des preußischen Traumas ganz besonders eklatant.“
Wenn sich die Stadt moderne Eingriffe traute, hatten es die Konservatoren später nicht leicht, diese zu verteidigen: „Man hielt uns schon für leicht bescheuert, als wir vor 30 Jahren Riphahns Pavillonbauten in der Hahnenstrasse unter Schutz stellten.“ Hiltrud Kier erinnerte sich, dass einst Pläne eines Privatinvestors für den Rathausplatz auf den Tisch kamen, die aber abgeschmettert wurden. Dieser „politische Platz“ sollte unbedingt eine öffentliche Nutzung erhalten, und Kurt Rossa (1977 bis 1989 Oberstadtdirektor von Köln) erwies sich ein weiteres Mal als prophetisch mit seinem Kommentar an Hiltrud Kier: „Sie werden sich noch wundern, was den Kölnern alles einfällt, wenn Sie da ein jüdisches Museum bauen wollen.“
Eine verlorene Welt aufdecken
Darüber hat sich Wolfgang Lorch seit dem Wettbewerb 2008 bestimmt auch oft gewundert. Aber darum ging es an diesem Abend nicht. „Ich bin Architekt, deshalb rede ich über Räume, das kann ich besser, als über Geschichte zu reden.“ Mit dem Museumsbau soll ein Raumkonstrukt entstehen, das nicht beliebige Resträume lässt, sondern klar definierte, und das den Blick fasst und führt. Lorch hob hervor, dass in der archäologischen Zone im unteren Teil des Museums „keine Kellersituation“ herrschen wird. Nur die niedrige Schutzdecke im nördlichen Teil des römischen Prätorium aus den 50er Jahren über den archäologischen Funden steht ihrerseits unter Denkmalschutz und bleibt deshalb bestehen.
Mit Blick auf die geplanten Projekte in der Altstadt – dem jüdischen Museum, der Historischen Mitte, dem Ausbau der via culturalis – ist es begrüßenswert, dass sich in Köln die Sehnsucht nach Vergangenem nicht in einem Rekonstruktionswillen niederschlägt, der eine kulissenhafte Abbildungsarchitektur wie das Berliner Schloss schafft. Wessen Sehnsucht wird es bedienen?
Ira Scheibe
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