Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Echt sexy

Markus Greitemann wird neuer Baudezernent in Köln

Am Montag, dem 26. Februar 2018 hat der Rat der Stadt Köln Markus Greitemann mit den Stimmen von CDU, Grünen, FDP, Pro Köln und AfD zum Dezernenten für das Amt für Stadtentwicklung, Planen und Bauen gewählt. SPD, Linke und die Ratsgruppen Bund und Gut enthielten sich. Wenn der 57jährige Greitemann, der seit 2010 das Gebäude- und Liegenschaftsmanagement der Universität zu Köln leitet, die Arbeit für die Stadt Köln voraussichtlich am 1. Juni aufnehmen wird, liegt eine achtjährige Amtszeit vor ihm. Der gebürtige Sauerländer studierte Architektur in Berlin und Dortmund und war danach als Projektleiter eines Landschaftsarchitekturbüros und bei einem international agierenden Heizungs- und Sanitärtechnikunternehmen als Betriebsleiter und Kopf des Gebäudemanagements beschäftigt.

 

Vorsicht Presse

Die Kölnische Rundschau zitiert Greitemann nach seiner Wahl mit den Worten: „Die Arbeit in der öffentlichen Verwaltung ist echt sexy. Da können Sie richtig was umsetzen. Das muss man sich bewusst machen.“

Die öffentliche Verwaltung ist sexy??? Das ist ein irritierender Standpunkt oder vielleicht ist es bloß eine sehr ungeschickte Formulierung. Denn die Amtszeit eines Baudezernenten ist niemals ein Spaziergang, wir erinnern uns wie oft Höing unter Beschuss stand, weder Presse noch Politik haben mit Kritik an seinen Entscheidungen und seinen Mitteln gespart. Doch er hat in fünf Jahren vieles bewegt, vieles angestoßen, ungewöhnlich viel kommuniziert und dabei den planerischen Horizont der Verwaltung erheblich erweitert. Nicht alles, oder genauer gesagt nur ein Bruchteil von Höings großen Ideen ließ sich während seiner Amtszeit realisieren, zu hoch waren die Hürden, die sich häufig gerade intern vor ihm aufgebaut hatten. Doch wer nun seinen Stuhl einnimmt, der hat auch die Möglichkeit, sich mit der Fortführung und womöglich gar der Vollendung großer Projekte wirkliche Lorbeeren zu verdienen. Denken wir zum Beispiel an den Deutzer Hafen, deutschlandweit derzeit das größte Stadtentwicklungsprojekt. Wenn das gelingt, ist das sicherlich ein Grund zum Feiern. Eine große Zahl bedeutender Projekte ist bereits im Bau, darunter die BAN (Bildungslandschaft Altstadt Nord), das Historische Archiv am Eifelwall, die MiQua, MesseCity, das Antoniterquartier sowie der Mülheimer Hafen und Mülheim Süd. Bei anderen steht der erste Spatenstich an, so zum Beispiel bei Projekten entlang der via culturalis, der Neuen Mitte Porz oder in Chorweiler oder es gibt zumindest Daten und Hoffnung wie beim Campus Deutz der TH oder dem Heliosgelände.

Dringender Handlungsbedarf

Doch es gibt auch die Kategorie der Projekte, die man euphemistisch als große Herausforderungen bezeichnen könnte, ein Scheitern wäre hier eine wirkliche Schmach. Dringender Handlungsbedarf besteht zum Beispiel bei der Parkstadt Süd, der Historischen Mitte, der Erweiterung des Wallraf-Richartz-Museums, große Projekte, die über die Stadtgrenzen hinaus beobachtet werden.

Und dann gilt es ja noch das Wohnproblem zu lösen. Höing rechnete mit 70.000 Wohnungen die in Köln gebraucht werden – schaut man noch einmal auf die oben genannten Projekte, lässt sich schnell überblicken, dass sie nur einen Bruchteil davon schaffen werden. Taktisch klug wäre es hier zum Beispiel an das gemeinsam mit dem HdAK und verschiedenen Genossenschaften gestarteten Projekt Zukunft Wohnen anzuknüpfen: Die ausgewählten Projekte zur Modernisierung und Nachverdichtung müssten umgesetzt und als Musterlösungen für den Umgang mit Bestandswohnungen kommuniziert werden.

 

Hintergrunddienst

Viele Projekte liegen also auf dem Tisch des Baudezernenten, einige davon schon seit vielen Jahren. Diesen Stapel wird Greitemann nun abarbeiten müssen. Dabei sollte von seiner Erfahrung im Bereich der Verwaltung profitieren können, denn kreative Ideen für Projekte gibt es in ausreichender Menge, gefragt sind nun neue Ansätze, mit denen administrative Hürden überwunden und Entscheidungen beschleunigt werden können. Dringend muss auch etwas dafür getan werden, dass öffentliche Ausschreibungen für Handwerker wieder interessant werden, denn Gängelungen bei der Vergabe tragen derzeit viel zu häufig dazu bei, dass Arbeiten nicht oder nur schlecht ausgeführt werden. Schön wäre also, wenn Markus Greitemann dies alles mit einem lockeren Hüftschwung hinbekäme.

Niklas Kienitz, Vorsitzender des Stadtentwicklungsausschusses sagte gegenüber koelnarchitektur: „Markus Greitemann ist der richtige Mann zum richtigen Zeitpunkt: Weil wir jetzt vor allem umsetzen und bauen müssen. Das kann er und das hat er bei der Universität Köln eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Dort hat er beispielsweise gezeigt, dass er einen Masterplan auflegen und zielstrebig abarbeiten kann. Mit der Parkstadt Süd, dem Deutzer Hafen, dem Mülheimer Süden oder dem Masterplan Innenstadt liegen starke Skizzen für eine qualitativ hochwertige Stadtentwicklung vor. Aus den schönen Bildern müssen jetzt pulsierende Baustellen und schließlich eindrucksvolle Bauwerke und lebendige Quartiere entstehen – und für diesen Prozess ist Markus Greitemann genau der Richtige.“

Doch eines ärgert uns an diesem Prozess noch. Warum werden Posten wie der des Baudezernenten für eine Millionenstadt auf so intransparente Weise vergeben? Wir wüssten gerne wer sich außer Greitemann noch der Herausforderung gestellt hätte, welche Qualifikationen und Motivationen brachten die Bewerber mit? Gab es eine große Zahl von Bewerbungen oder war es nur eine Handvoll Leute, die sich Köln zutrauen? OB Reker, die für die Neubesetzung zuständig war, hat eine Personalberatungsagentur mit der Suche beauftragt – wir wüssten gerne nach welchen Kriterien entschieden wurde – wieviel zählte das richtige Parteibuch?

Mehr Transparenz wünschen wir uns hier, nicht um hinterher zu sagen, ein anderer wäre besser gewesen, sondern weil es sich falsch anfühlt, bei einer Entscheidung wie dieser von der Politik nur ein Ergebnis präsentiert zu bekommen.

 

Uta Winterhager

 

3 Kommentare

natürlich hat jeder eine faire chance verdient… aber mal ehrlich: ich hätte mir jemanden gewünscht, der wirklich visionär vom städtebau kommt und hier durch studium und erfahrung einfach ein größeres format mitbringt. der greitemann ist eine verwaltungslösung – da kann man nur hoffen, dass am ende bei den projekten nicht auch ein mittelmaß heraus kommt….

liebes kölnarchitektur-team, in zukunft heißt es dann einfach genau und kritisch hinschauen – da kann man beim wdr-karree gleich mal beginnen – da drückt die gerch-group derart auf die tube: vl. weil sie wissen, dass einer wie höing, der hohe standards hatte, jetzt weg ist… ?

Vielen Dank für den Artikel, der ein wenig mit Hintergrundinformationen versorgt, was man von der dumontpresse nicht sagen kann. Was ich immer mehr als katastrophal empfinde, dass es in einer so großen Stadt nur einen meinungwirksamen Verlag gibt.
Interessant auch diese aus der Stadtrevue, dass es wohl eine interne Vereinbarung CDU/Grüne gab, dass die CDU den Baudezernenten (nach Parteibuch) bestimmen dürfe. Offensichtlich.
Ggf. gab es also gar kein Auswahlverfahren oder kein seriöses.
Immer mehr enttäuscht in diesem Zusammenhang Frau Reker, die einmal mit dem Anspruch einer überparteilichen Orientierung angetreten ist.