Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Kalker Gemeinwohl

Werkstattgespräch Hallen Kalk: Der Wille ist da, der Weg noch weit.

Im Sommer 2017 fand das städtebauliche Werkstattverfahren zu den alten KHD Hallen an der Dillenburger Straße zum Abschluss; das Team um die Architekten BeL Sozietät für Architektur sollte mit der Machbarkeitsstudie für das Quartier beauftragt werden. Aber erst nachdem die Kalker die Umsetzung der Werkstattergebnisse einforderten, erteilte die Stadt den Auftrag für die Weiterbearbeitung des Entwurfs. Zwei öffentliche Werkstattgespräche sind in diesem Prozess vorgesehen, das erste hat nun Mitte Februar stattgefunden.

Zum Team gehören neben BeL auch die Landschaftsarchitekten Studio Vulkan, der Inhaber des Lehrstuhls „Ökonomie des Planens und Bauens“ an der Universität Wuppertal Dr. Guido Spars und die Projektentwicklungsgesellschaft „Aurelis Real Estate.“

Oben ist das Ergebnis des Werkstattverfahrens dargestellt, unten sieht man, dass mit zwei zentralen Nutzern nicht mehr zu rechnen ist: der Schule und den Bühnen Köln. @ BeL Sozietät für Architektur

Neues Nutzungskonzept

Statt der geplanten Gesamtschule in den Hallen 70 und 71 plant das Erzbistum Köln nun den Neubau eines Bildungscampus auf dem östlichen Teil des Grundstücks. Auch die städtischen Bühnen haben sich mittlerweile gegen eine Nutzung im Areal entschieden und ziehen mit ihren Werkstätten und ihrem Lager 500 m weiter in einen Neubau, den sie von der Firma Osmab mieten werden. Die Hallen am Ottmar-Pohl-Platz und auch der Platz selbst sind mittlerweile aus dem Planungsgebiet herausdividiert worden und unterstehen der Gebäudewirtschaft.

Hellorange markiert sind Wohnneubauten, Rosa steht für Büros, Blau für Gewerbe, die Bestandsbauten sind größtenteils weiß. @ BeL Sozietät für Architektur, Veit Landwehr
Viele, viele Türen und offene Durchgänge erleichtern die Durchquerung des Areals; die Erdgeschosse sollen öffentlich genutzt werden. @ BeL Sozietät für Architektur, Veit Landwehr

Nun ist also einerseits die Nutzung der großen Hallen wieder offen; andererseits müssen Funktionen, die für das Grundstück geplant waren, auf dem jetzt die Schule entsteht, im verbleidenden Areal untergebracht werden: die Pflanzstelle, die Drogenselbsthilfe Vision e.V. und der Dirt Track der Abenteuerhalle.

Es ist gut, Bilder zu haben, von dem, was man will. So könnte auch das neue Wohnzimmer für Kalk aussehen: Ein Beispiel aus Sao Paulo: Lina Bo Bardi, SESC Pompéia, ehemalige Fassfabrik in Sao Paulo @ paulisson miura, wikimedia commons

Das Publikum an dem Abend hob bei der Arbeit an den Themenständen positiv hervor, dass das Planungsgebiet gut öffentlich zugänglich ist, dass die alten Hallen bleiben und sich vielfältige Nutzungen mischen. Kritischer sah es die städtebauliche Dichte im Entwurf durch das neue Baufeld im Westen des Plangebiets. Es besteht der Wunsch nach einer weiteren Vergrößerung der Grünflächen.

Die Pflanzstelle möchte die Brache erhalten, die Stadt sagt, es rechnet sich nicht. Um mitzurechnen müsste man die Zahlen kennen. @ BeL Sozietät für Architektur
BeL planen den Subkulturhof mit Ateliers und Veranstaltungshalle ist im südlichen Quartiershof.; rechts: Und so könnte es mal aussehen, wie der Carlsgarten in Mülheim.
@ BeL Sozietät für Architektur, Veit Landwehr

Laura Fuchs, Projektleiterin bei BeL, und ihr Team versuchen, die vielen Anregungen aus dem Werkstattgespräch mitzunehmen und in den Entwurf einzuarbeiten. „Die Frage nach dem Maß der Verdichtung an dem Standort sowie nach der Lage einzelner Nutzungen werden wir prüfen. Es ist uns sehr wichtig, dass große Bereiche des Areals öffentlich zugänglich sind und Teile gemeinwohlorientiert entwickelt werden. Mögliche Aufteilungen des Grundstücks und des Eigentums werden wir im weiteren Verlauf der Machbarkeitsstudie erarbeiten.“

Keine Koelnmesse in den Hallen Kalk wollen die Kalker Bürgerinnen und Bürger. Viel Energie ist da im Stadtteil für das Projekt, für das allgemeine Stimmungsbild gab es aber im Plenum zu wenig Raum. @ Boris Sieverts


Eine Hälfte des Entwurfs von BeL hatte sich zum Sieg durchgesetzt, auch weil er ein besonderes Betreibermodell vorschlug: eine teilweise genossenschaftliche Entwicklung der Hallen Kalk. Die Akteure, die im Werkstattverfahren als „Genossenschaft Hallen-Kalk“ angesprochen wurden, haben sich nun zu einer Interessengemeinschaft zusammengeschlossen. Ihr Ziel ist es, hier Aktivitäten und Initiativen anzusiedeln, die aus der Kalker Bürgerschaft kommen – als Gegenteil der „Köln Arcaden“ sozusagen. Es ist ein zähes, langfristiges Ringen, das Herzstück Kalk nicht dem üblichen Procedere zu überlassen und sich gegen die Kommerzialisierung zu wehren, aber zäh sind sie – wo, wenn nicht in Kalk?!

Ira Scheibe

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