Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Mehr als nur Graffiti

Das Cityleaks Festival zeigt, was Urban Art für die Entwicklung der Stadt tut

Ehrenfeld ist bunt! Und das im ganz konkreten Sinne: Viele Wände sind bemalt, durchaus großflächig – und künstlerisch. Mal mit, mal ohne direkt ablesbare Botschaft. Dass der Stadtteil so aussieht, ist auch dem Cityleaks-Festival zu verdanken, das seit 2011 alle zwei Jahre die Streetart feiert. In diesem Jahr kehrt es – nach Ausflügen nach Mülheim und zum Ebertplatz – vom 31. August bis zum 21. September nach Ehrenfeld zurück.  

Dabei geht Cityleaks inzwischen aber weit über reine Streetart hinaus, so Georg Barringhaus, künstlerischer Leiter des Festivals: „Fragen des städtischen Wandels, der Verdrängungsprozesse, der Rolle von Kunst und Kultur in diesem Prozess, denen wollen wir uns dieses Jahr stellen.“ So werden seit Anfang August drei Bahnbögen in der Hüttenstraße nach in einer Residenz entstandenen Plänen des Studio Orizzontale bebaut. Es ist als Festivalzentrum ab der Eröffnung für alle zugänglich, zeigt aber zugleich Möglichkeiten auf, wie in einer unter Druck stehenden Stadt mit Leerräumen umgegangen werden kann. Ab dem 9. September werden Studierende der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft und des Fachbereichs Architektur der TH Köln in einem Workshop urbanes Mobiliar und Installationen für die Hüttenstraße bauen – das Ergebnis wird am 15. September vorgestellt.

Abstraktes Gemälde von SEDZ / Ronald van der Voet auf der Seitenwand eines Gebäudes an der Leyendeckerstraße. Foto: Vera Lisakowski
Abstraktes Gemälde von SEDZ / Ronald van der Voet auf der Seitenwand eines Gebäudes an der Leyendeckerstraße. Foto: Vera Lisakowski

Kommunikation als Ziel

Wichtig ist den Festivalmachern dabei vor allem die Interaktion mit Anwohnern, mit Passanten, dem Publikum. „Das was wir jetzt beobachten, weil wir öffentlich bauen und auch partizipativ bauen, ist, dass Menschen auf uns zukommen, Menschen mit uns sprechen“, berichtet Barringhaus, „wir stellen eine Verbindung her zwischen den Leuten, die dort bauen und den Passanten. Wir stellen eine Verbindung her zwischen der ungenutzten Architektur und der Vorstellung von einer Architektur.“ Dazu wurde schon vor dem Festival auf Parkplätzen an der Hüttenstraße eine lange Tafel mit Bänken aufgestellt – die die Anwohner gerne als Kommunikationsraum angenommen haben.

Leitmotiv des diesjährigen Cityleaks-Festivals ist die urbane Assemblage. „Assemblage kennen wir aus der Kunst und aus der Philosophie“, so Georg Barringhaus, „kennen wir aber auch aus der empirischen Stadtforschung. Stadt als immer wieder neues sich Verflechten, als organischer, dynamischer Prozess, wo über kurz oder lang Beziehungen hergestellt werden. Wo sich alles immer wieder neu mischt.“ Und so gibt es im Programm Filme und Diskussionen zu Gentrifizierung und dem Wandel der Stadt.

Gehäuteter Hase von ROA auf der Seitenwand eines Gebäudes an der Senefelder Straße. Entstanden beim Cityleaks-Festival 2011. Foto: Vera Lisakowski
Gehäuteter Hase von ROA auf der Seitenwand eines Gebäudes an der Senefelder Straße. Entstanden beim Cityleaks-Festival 2011. Foto: Vera Lisakowski

Graffiti und Wandgemälde

Natürlich gibt es aber auch wieder Wandgemälde, erzählt Barringhaus: „Wir haben zwei Künstler eingeladen Frédéric Battle aka Zoer und Olivier Zwiz, die zu zweit gerade an ihren Entwürfen arbeiten. Der eine arbeitet rein abstrakt geometrisch, der andere figürlich.“ Auch sie gehen in ihren Arbeiten unter dem Titel „Iconoclash“ auf die Umgebung ein, haben von den Veranstaltern Interviews und Zitate von Anwohnern als Arbeitsgrundlage bekommen. Ihre großformatigen Murals entstehen während des Cityleaks-Festivals. Zusätzlich gibt es Rundgänge und Fahrradtouren durch Ehrenfeld, das Belgische Viertel und Nippes sowie eine Graffiti-Konferenz und die Buchmesse „Unlock Book Fair“ für Bücher zur Graffiti-Kunst.

Das Programm des Cityleaks-Festivals.

Vera Lisakowski