Die Unternehmenszentrale der Koelnmesse hat ihren Sitz im ehemaligen KHD-Hochhaus, dies jedoch nur als Mieterin. Das denkmalgeschützte Gebäude wurde Anfang der 1960er Jahre von Hentrich Petschnigg & Partner (Düsseldorf) als Verwaltungsgebäude für Klöckner Humboldt Deutz nach dem Vorbild der amerikanischen Bauten von Mies van der Rohe entworfen. Das 61 Meter hohe Gebäude wurde zwar regelmäßig renoviert, ist jedoch in die Jahre gekommen: Technik und Fassade entsprechen nicht mehr den aktuellen Anforderungen, zudem fehlt es in den Flächenzuschnitten an der nötigen Effizienz und Nutzungsflexibilität, die eine kostensensible und zeitlich akzeptable Anpassung an die Erfordernisse der Koelnmesse ermöglichen könnte. So wurden schon 2012 erste Überlegungen zur Verlegung der Unternehmenszentrale angestellt. Möglich wäre hier ein Umzug in die sogenannte MesseCity Köln gewesen, doch die Entscheidung wurde vertagt und der Mietvertrag im ehemaligen KHD-Hochhaus bis Mitte 2025 verlängert.
Ende 2019 wurde schließlich der Entschluss gefasst, den Neubau der Unternehmenszentrale mit ihren rund 750 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf eigenen Flächen an der Deutz-Mülheimer Straße zu realisieren. Aus diesem Anlass hat die Kölnmesse im Herbst 2020 in enger Abstimmung mit der Stadt Köln einen Architektenwettbewerb mit sechs geladenen Büros ausgelobt, dessen Ergebnisse nun vorliegen.
Ausgezeichnet wurden nach persönlicher Präsentation in der Jurysitzung am 17.12.2020 unter Vorsitz von Kaspar Kraemer:
1. Preis: Cobe A/S, Kopenhagen
2. Preis: Kadawittfeldarchitektur GmbH, Aachen
3. Preis: KSP Jürgen Engel Architekten GmbH, Frankfurt/Main
weitere Teilnehmer: Bolles + Wilson GmbH & Co. KG, Münster / caspar.schmitzmorkramer gmbh, Köln / Supergelb Architekten GmbH, Köln
Messe und Stadt
Der innerstädtische Standort der Koelnmesse sowie die gute Erreichbarkeit und Anbindung ist in Deutschland einzigartig. Im Wettbewerb mit anderen Messe-Standorten stellt dies ein absolutes Alleinstellungsmerkmal dar. Der für die Unternehmenszentrale vorgesehene Planungsraum ist dementsprechend von wesentlichen Verkehrsachsen eingefasst, keine ruhige Lage, aber dafür eine hochprominente am östlichen Kölner Stadteingang.
Die zur Verfügung stehende Planfläche ist in zwei Bereiche unterteilt. Die nördliche Fläche ist als Realisierungsteil für die Unternehmenszentrale vorgesehen, die südliche Fläche als Ideenteil zur städtebaulichen Qualifizierung und harmonischen Gesamtordnung inkludiert. Während der nördliche Teil der Planfläche mit der neuen Unternehmenszentrale im Rahmen der einfachen planungsrechtlichen Möglichkeiten nach § 34 BauGB entwickelt werden soll, bietet sich mit der konzeptionellen Betrachtung des südlichen Baufeldes nicht nur die Entwicklung eines stimmigen städtebaulichen Gesamtensembles an, es ergibt sich vielmehr auch die Chance, im Ideenteil die südliche Spitze zum Pfälzischen Ring prominenter herauszuarbeiten. Beide Flächenteile zusammen definieren somit eine wichtige städtebauliche Aufgabe, die nun über einen Wettbewerb gelöst werden soll. Der Wettbewerb biete darüber hinaus die Möglichkeit, „die Werte der Koelnmesse zukunftsweisend und innovativ in konkrete städtebauliche und architektonisch-gestalterische Lösungsmöglichkeiten zu transferieren und den bereits begonnenen Prozess der Modernisierung des Messegeländes voran zu treiben“, so die Auslobung.
Folgende Fragen galt es im Wettbewerb zu beantworten:
Wie präsentiert sich die Koelnmesse im Stadteingang? Wie können die Werte des Unternehmens zu einem eigenständigen Charakter übersetzt werden? Wie kann das Gebäude auf die sich laufend verändernden Anforderungen der Nutzerin reagieren und sich anpassen? Wie kann – langfristig betrachtet – trotz der speziellen Anpassung auf die Erfordernisse der Koelnmesse eine gute Adaption der Grundrisse auf Anforderungen eines Dritten gelingen?
Die Herausforderung der Aufgabenstellung artikuliert sich damit sowohl in der behutsamen städtebaulichen und präzisen architektonischen Ausformulierung, als auch in der klugen Integration der Nutzungen in ein Gebäude, das zur Implementierung heutiger und zukünftiger Bürokonzepte eine hohe Flächenneutralität und Flexibilität aufweisen muss.
1. Preis: Koelnmesse-Terrassen,Cobe A/S, Kopenhagen
Juryprotokoll: Der Entwurf setzt am bedeutenden Stadteingang ‚Zoobrücke‘ das richtige Zeichen in seiner geschickten Kombination aus Präsenz und Zurückhaltung und schreibt in unprätentiös-selbstverständlicher, gleichzeitig eleganter Form die Struktur der bestehenden Messelandschaft fort, ohne aufzutrumpfen. In zurückhaltender Noblesse zitiert er zudem Gestaltungselemente der zukünftigen Messearchitektur wie des Eingangs Ost, des Terminals, des Confex und der neuen Halle 1 im Westen des Geländes. Der Städtebau ist fein abgestimmt auf die nachbarschaftlichen Bezüge und mit sehr guter Qualifizierung der Freiräume. Die jeweiligen Begabungen der Freiräume werden behutsam mit hoher Aufenthalts- und Nutzungsqualität herausgearbeitet.
Die Frage wie sich die Koelnmesse zukünftig präsentiert, ist sehr zielführend gelöst. Die Gestaltung nimmt Bezug zu den Kolonnaden des neuen Eingangs Ost auf und lässt so jederzeit seine Zugehörigkeit zu Koelnmesse erkennen. Die Funktionalität der Anlage ist sehr gut, das Foyer am richtigen Platz und mit den Nutzungen an richtiger Stelle im Gebäude verwoben.
Das Zusammenspiel von Innen und Außen ist vielfach mit höchster Qualität gelöst, sei es als nutzbare Terrassenfläche oder den jeweiligen Nutzungen im EG zugordneten Freiräumen. Das technische und konstruktive Konzept bietet viele innovative Ansätze und hat die Lösung der Nachhaltigkeitsthemen im Sinne eines zukunftsfähigen Bauwerks fest im Blick.
2. Preis: Kadawittfeldarchitektur GmbH, Aachen
Juryprotokoll: Das Konzept arbeitet sehr schlüssig und mit kräftiger Geste die städtebauliche Disposition heraus. Der geschwungene Terrassenbau und der im Süden folgende Hochpunkt erscheinen sinnfällig und wohl gewählt. Die Volumen rücken etwas aus der Flucht und ermöglichen so eine jeweilige Eigenständigkeit der Adressen. Die Unternehmenszentrale wird als Hofbau mit jeweils attraktiven Terrassen formuliert. Die Lage des Foyers ist richtig gegenüber dem Eingang Nord der Koelnmesse platziert, jedoch wirkt die Anlage hier wenig einladend und zu dunkel. Das zweite nach Süden orientierte Foyer ist dagegen deutlich zu klein.
Die auf Standardmaßen basierenden Büroflächen sind gut nutzbar. Das Ringkonzept ermöglicht zwar eine gute vertikale Erschließung, allerdings sind in der Horizontalen im EG nicht alle Kerne angebunden – dies führt zu unnötig langen Wegen. Die jeweils in den Obergeschossen angeordneten Terrassen liefern attraktive Flächenangebote. Die Gestaltung der Fassade im Farbkanon der Messegebäude aus den 70er Jahren überzeugt nicht, hier wäre die aktuelle Gestaltsprache eher angemessen. Zudem wirkt die Anordnung der vertikalen Elemente zu unruhig und wenig harmonisch.
3. Preis: KSP Jürgen Engel Architekten GmbH, Frankfurt/Main
Juryprotokoll: Die Arbeit definiert einen städtebaulichen Rahmen, der die jeweiligen Gebäudeteile als eigenständige Solitäre herausarbeitet. Zwischen den Bauteilen wird ein üppiger Platzraum aufgespannt, der sich als Vorraum des Ensembles versteht und auch spätere Messenutzungen aufnehmen soll. Allerdings vergibt der nahezu vorständig versiegelte Platzraum hier eine wichtige ökologische Chance.
Die Unternehmenszentrale ist im Grundriss geschickt konzipiert, führt im EG in einen öffentlichen Raum, der das Gebäude durchfließt und so sowohl im Norden als auch Süden an die Platzfläche anschließen lässt. Das so entstehende Angebot einer möglichen zusätzliche Adressbildung am Platz wird von der Jury kritisch gesehen. Funktional macht Arbeit in den Bürogeschossen sehr vieles richtig, die Flächen sind sehr vielfältig nutzbar. Das Erscheinungsbild der Fassade wird kann keinesfalls überzeugen. Die gewünschte Offenheit stellt sich nach Auffassung der Jury leider nicht ein.
red|uw
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