Archiv des Kölner Architekturmagazins. 2000 - 2021.

Dinner im Schwimmbad

Umbau des Kaiser-Wilhelm-Bades in Deutz zu einem Hotel und Restaurant

Nicht nur viele Kirchen müssen sich heutzutage eine neue Existenz aufbauen; sie teilen dieses Schicksal mit den Schwimmbädern. Auch im ehemaligen „KWB“, das später Deutz-Kalker Bad hieß, können keine Bahnen mehr gezogen werden, um Kalorien abzubauen. Zuführen kann man sie sich jetzt aber, im „KWB im Stadtpalais“ in der alten Schwimmhalle.

Stilistisch irgendwo zwischen Neorenaissance und Jugendstil: Zustand des Bades vor dem Umbau Foto © Hardy Schwerger

Das denkmalgeschützte Gebäude stand seit 1996 leer und wurde ab 2008 umgebaut. Das „Hotel Stadtpalais“ in der ehemaligen Volksbibliothek und der Bäderverwaltung eröffnete bereits 2010. Nun ist auch die Sanierung der ehemaligen Schwimmhalle abgeschlossen, und das „KWB im Stadtpalais“ bietet eine recht ambitionierte Abendkarte.

Sportlich gesehen hatte das Bad aus heutiger Sicht nicht viel zu bieten: ein 20 m Becken mit drei Bahnen und Sprungbrett. Atmosphärisch aber punktet die Halle mit Jugendstil-Dekor, dunkelblau und –grün gekachelten Wänden, umlaufenden Friesen und einem reich verzierten Gitter auf der Galerie.

Zumindest der obere Teil lässt den originalen Raumeindruck noch erkennen. © Hardy Schwerger

Fritz Vorster, Geschäftsführer der Chemischen Fabrik Kalk, stiftete die Badeanstalt und eine Volksbibliothek. Die Pläne für den 1914 eingeweihten Komplex gehen zurück auf Stadtbaudirektor Hans Verbeek. Bis 1918 war das Bad als Militärbadeanstalt nur den Deutzer Kürassieren zugänglich; erst nach dem Ersten Weltkrieg wurde es öffentlich. 1996 schloss das Deutz-Kalker Bad.

Ingo Pott von Pott Architects aus Berlin war der verantwortliche Planer für den Hotelbereich. Es ging, so der Betreiber Rainer Siewert, darum, „eine Symbiose aus Alt und Neu zu schaffen, so dass historische Elemente in ihrer Materialität und Farbwelt erhalten werden.“ Die Gebäudeteile der ehemaligen Bäderverwaltung und der Volksbibliothek hatten bei Kriegsende nur ein Notdach erhalten. Hier wurden die Schieferdächer in Anlehnung an historische Ansichten wiederhergestellt. In der Rezeption sind die Fliesen von 1914 erhalten, die Stuckdecke allerdings wurde komplett rekonstruiert. Auch im Treppenhaus sind historische Fliesen erhalten und das Wandbild zum Thema Lesen von Ernst Wille. Ab Leistungsphase 6 war Peter Selzer von selzer-architekten (Berlin, Köln) zuständig für diesen Bauteil.

Ernst Wille schuf 1952 das Wandgemälde zum Thema Lesen im Treppenhaus der ehemaligen Bibliothek. Auch hier sind die historischen Fliesen von 1914 erhalten. © Hotel Stadtpalais

Er leitete auch die zweite Bauphase von 2016 bis 2019 mit der Restaurierung der Schwimmhalle und dem Umbau in ein Restaurant. Sämtliche Ein- und Umbauten und die Rekonstruktion der historischen Werkstoffe, wie Fliesen, Trennwände und Fenster wurden in enger Abstimmung mit der Denkmalpflege ausgeführt. 

Der Hauptraum liegt heute auf dem Niveau des einstigen Beckenrandes, unterhalb ist eine Tiefgarage untergebracht. Der neue Bodenbelag imitiert die blau-weißen Fliesen des Beckenbodens; Reste der originalen Fliesen wurden im Eingangsbereich untergebracht. Ein Rahmen aus Parkett zeichnet den ehemaligen Beckenrand nach. Das Bodenmuster des Beckens wurde maßstabgetreu nachgebildet, wirkt aber nun, da es nicht mehr 2 m tiefer unter einer Wasserfläche schimmert, zu grob für den Raum.

Kaiser Wilhelm meets Eventgastronomie: Thekenbereich im KWB im Stadtpalais.  Foto © Hardy Schwerger

Der Restausbau des Restaurants, die Möblierung und die Füllwände zwischen den Stützen gehen auf das Konto des Architekten Martin Charisius aus Frechen, der Ende 2018 als Bauherrenvertreter benannt wurde. Sehr viel bedauerlicher als die Auswahl der Möbel ist allerdings, dass er den ehemals zu den Seitentrakten und Treppen hin geöffneten zentralen Bereich nun mit Einbauten zwischen den verklinkerten Pfeilern geschlossen hat. Die mächtigen Pfeiler sind damit ihrer Wirkung beraubt und nur noch als sinnlose, dekorierte Wandstreifen wahrnehmbar. Im Erdgeschoss kriegt der Gast also ziemlich viel Eventgastronomie-Ambiente geboten. Er muss schon den Blick heben oder sich auf die Galerie begeben, um den grandiosen Raumeindruck der wilhelminischen Prachtanlage nachzuspüren. Immerhin.

 

Ira Scheibe

Weitere Infos

https://www.hotelstadtpalais.de/

https://kwbkoeln.de/

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